„In Deutschland gibt es nur eine Handvoll Orte wie das Café Anker, wo Alkoholtrinken erlaubt ist. Es gibt zwar Aufenthalts- und Hilfsangebote, aber sie beziehen sich meist auf härtere Drogen. Warum gibt es nicht mehr Räume wie das Café Anker? Vielleicht fällt uns Akzeptanz als Gesellschaft schwer. Gerade wenn es um eine andere Lebensrealität geht, eine, die wir als schlecht und ungesund betrachten. Jemand, der sich nicht bessern will, der sich nicht optimieren kann, der nicht bereit ist, an sich zu arbeiten, der seine Laster nicht loswird – dem wollen wir nicht mehr die Hand reichen.“

Da ist Marcel, relativ frisch aus der Haft entlassen, er hat eine Zeit lang vor dem Café Anker unter der Autobahnbrücke gewohnt, bis dort alles geräumt wurde. Alexander, der am Vormittag rein schneit, um „nur mal kurz Hallo zu sagen“, Angela, die an dem morgen vor Gericht in Neustadt/W. hätte erscheinen sollen, der Zug fuhr aber nicht. Da ist Mohammed, der vor Jahren von Neo Nazis so zugerichtet wurde, dass er mit den Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas leben muss.
Manche von ihnen lebten das erste mal auf er Straße, da waren sie 11 Jahre alt. Die Eltern waren überfordert mit ihnen. Manchen würde man nie ansehen, dass sie täglich im Café Anker sind.

Und dann sind da noch Bernd Bung, der Leiter der Einrichtung und Sabine, die Mitarbeiterin, die mit ihrer Monnemer Gosch den richtigen Ton trifft, wenn die Stimmung mal hochkocht.

„Bernd Bung, der seine langen weißen Haare im Zopf trägt, sagt Dinge wie: „Ich glaube, vielen Menschen hier haben die Drogen das Leben gerettet“ und „Ich werde hier niemanden bekehren“. Er hört aufmerksam zu, wenn jemand ihn anspricht, geht auf ihn ein, mit ruhiger Stimme und sanften Bewegungen. Bung lässt die Menschen sein, wie sie sind. Er versucht nicht ständig, zu helfen. Wobei seine Akzeptanz, die sich im Konzept des Café Anker widerspiegelt, für viele schon eine große Hilfe ist. „Was die Leute am meisten brauchen, ist einfach ein freundliches Gesicht“, sagt er.“

 

Eine Reportage von Anna Scheld